Hi,
um der Diskussion um unzulängliche Regeln und penible Spieler die Krone aufzusetzen, hätte ich hier noch was zu Carcassonne anzubieten:
Die Regel ist zwar weitgehend eindeutig, was Wegelagerer, Mönche und Ritter angeht. Aber Bauern eröffnen dafür eine Vielzahl von unmöglichen Wertungskombinationen:
Lt. Anleitung erhalten, wenn zwei Bauern von unterschiedlichen Wiesen an eine Stadt angrenzen, beide die Punktzahl für die Stadt. Nur, was ist, wenn die zwei Bauern die gleiche Farbe haben? Gemäß Anleitung ist die Formulierung hier nicht eindeutig, auch wenn wir mutmassen, dass eine Stadt nur einmal gewertet werden darf, ausser es herrscht Gleichstand zwischen verschiedenen Spielern.
Und es geht noch besser: Auf einer Wiese sitzen von 2 Farben zwei Bauern und von zwei jeweils einer. Die mit dem einen Bauern erhalten keine Punkte - klar. Die mit den zwei Bauern erhalten beide für alle Städte jeweils vier Punkte - klar? Hm, doch halt, an zweien der acht Städte sitzt von einer anderen Wiese noch ein Bauer der einen Farbe, dann kriegt wohl nur der für die zwei Städte die Punkte, die anderen 6 Städte müssten dann für beide gelten...
Und für die Hardcore-Spieler noch die letzte Preisfrage: auf einer Wiese sitzen einmal 2 Bauern der Farbe, sagen wir mal: rot, und einer in blau. Auf der anderen Wiese einer in blau. Beiden Wiesen gemein sei eine Stadt. Erhalten nun beide die Punkte für die Stadt, obwohl sie an verschiedenen Wiesen ihre Bauern in unterschiedlichen Mehrheiten haben? (Ich denke, die Antwort ist klar ja, aber dennoch: im ersten Moment...)
Nun, ich denke, im Endeffekt liesse sich das ganze logisch aufdröseln, wenn man Städte statt Wiesen werten würde, im Gegensatz zu dem, was in der Regel ausgebreitet wird - diese Regelung schliesst nämlich sämtliche Sonderfälle mit ein. Statt wie in der Regel nach Wiesen zu werten und zwei von vielen Sonderfällen zu behandeln, wär's mit der Wertung nach Städten (wieviele Bauern grenzen an eine Stadt, der mit den meisten kriegt die Punkte, bei Gleichstand alle mit den meisten) deutlich kürzer und klarer geworden. Gelegenheitsspieler dürfte die Wiesenregelung durchaus in manchen Situationen an den Rand der Verzweiflung treiben. Ich habe manchmal das Gefühl, dass man für Regelunklarheiten im Zweifelsfall Mathematiker in der Runde braucht...
Okay, jetzt genug gemosert, also: wer braucht noch Testspieler, die Regelfehler und -ungereimtheiten finden - meine Bekannten und ich bieten uns an ;-) Referenzen: siehe die Regelfragen der letzten sieben Tage...
Um jetzt mal nebenbei wirklich ernst zu bleiben: alle oben geschilderten "Sonderfälle" sind bei uns heute abend im Rahmen eines hundsnormalen Spieles im Familienkreis aufgetaucht! Ich kann mir vorstellen, dass Otto-Normalspieler unterm Weihnachtsbaum ganz schön grün aus der Wäsche kuckt, wenn er in einem Spiel mit solchen Situationen konfrontiert wird - nicht jeder ist passionierter Spieler oder hat eine mathematisch geartete Ausbildung, um solche Situationen spontan und halbwegs fair zu lösen... Vielleicht sollten Spiele vielleicht ein paar mehr Testspieler haben, die auch gezielt nach Regelversäumnissen suchen, und nicht nur nach Defiziten im Spiel selbst. Die paar Mark mehr holt man wieder rein, wenn Otto-Normalspieler auch nächstes Jahr sich wieder ein Spiel kauft, und nicht zögert, weil er das alte noch nichtmal verstanden hat...
Ich find's so schade, dass die Spiele so exzellent ausbalanciert sind (was wirklich ein grosse Leistung darstellt!), und es dann an ein paar Testrunden zu scheitern scheint, was die Regelformulierung angeht. Klar, man erklärt das Spiel den Spielern, und läßt sie nach Fehlern im Spiel suchen, im Zweifelsfall beantwortet man auch Fragen zu Regel. Aber was wirklich fehlt, ist, mal ein paar Spieler mit der Regel allein zu lassen und ein paar Partien spielen zu lassen, um festzustellen, was an der Regel unsauber ist.
So langsam verstehe ich auch die "Goldene Feder" für Tadsch Mahal - dazu hatte ich zu keinem Zeitpunkt auch nur eine Regelfrage. Ansonsten sind die Regeln zu Java und Babel m.E. dieses Jahr bislang hervorragend geraten: Glückwunsch.
So, nun schreibt mal, was Ihr so denkt - bin mal gespannt. Kann ein unbedarfter Gelegenheitsspieler ohne Internet-Präsenz wirklich ein Spiel heutzutage mehr als drei Mal spielen ohne auf eine Unklarheit zu stossen, die sie/er vielleicht nicht zu lösen weiss? Liegen die Fehler eigentlich guter und didaktisch durchaus klug aufgebauter Regeln darin, dass sie nie ganz "neuen" Spielern zum Verstehen vorgelegt werden, so dass immer das letzte Quentchen Sonderfall oder allgemeiner Logik fehlt?
Ciao,
Roman